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nicht, die sich von der Höhe des Olymps über dich beugt. Sie hält
verblüfft inne. Was hast du ?
OREST mit veränderter Stimme: Es gibt einen anderen Weg.
ELEKTRA erschrocken: Spiel nicht den Bösen, Philebos. Du hast nach
den Befehlen der Götter verlangt. Nun, jetzt kennst du sie.
OREST : Befehle ?... Ach so... Du meinst das Licht dort um den
großen Kiesel ? Es ist nicht für mich, dieses Licht, und niemand
kann mir jetzt mehr Befehle geben.
ELEKTRA: Du sprichst in Rätseln.
OREST : Wie weit du plötzlich von mir weg bist..., wie sich alles
verändert hat! Etwas Lebendiges und Warmes war
um mich herum. Etwas, was gerade gestorben ist. Wie leer
alles ist.... Oh, diese unermeßliche Leere, soweit das Auge
reicht... Er macht einige Schritte. Die Nacht bricht an... Findest
du nicht, daß es kalt ist ?. . . Aber was ist es denn... was ist es
denn, das gerade gestorben ist?
ELEKTRA: Philebos...
OREST : Ich sage dir, es gibt einen anderen Weg... meinen Weg. Du
siehst ihn nicht ? Er geht von hier aus und führt in die Stadt
hinunter. Man muß ihn hinuntergehen, ver stehst du,
hinuntergehen bis zu euch, ihr seid unten in einem Loch, ganz
unten... Er geht auf Elektra zu. Du bist mei ne Schwester,
Elektra, und diese Stadt ist mei ne Stadt. Mei ne Schwester!
Er greift nach ihrem Arm.
ELEKTRA : Laß mich! Du tust mir weh, du machst mir angst - und ich
gehöre dir nicht.
OREST : Ich weiß. Noch nicht: ich bin zu leicht. Ich muß mich mit
einem schweren Verbrechen belasten, das mich bis auf den Grund
von Argos sinken läßt.
EEEKTRA : Was hast du vor ?
OREST : Warte. Ich will mich von meiner Schwerelosigkeit trennen.
Ich will mich von meiner Jugend trennen. Es gibt Abende,
Abende in Korinth oder in Athen, voller Gesänge und Düfte, die
mir niemals mehr gehören werden. Vormittage voller Hoffnung
auch... Also lebt wohl, lebt wohl! Er geht auf Elektra zu. Komm,
Elektra, sieh unsere Stadt. Da ist sie, rot unter der Sonne,
summend von Menschen und Fliegen in der Erstarrung eines
Sommertags, sie stößt mich zurück mit ihren Mauern, ihren
Dächern, ihren verschlossenen Türen. Und trotzdem kann man
sie nehmen, das spüre ich seit heute morgen. Und auch dich,
Elektra, kann man nehmen. Ich werde euch nehmen. Ich werde
ein Beil sein und diese hartnäkkigen Mauern spalten, ich werde
diesen bigotten Häusern den Bauch aufschlitzen, aus ihren
klaffenden Wunden wird ein Geruch von Fraß und Weihrauch
strömen,
ich werde eine Axt sein und werde mich in das Herz dieser Stadt
schlagen wie die Axt ins Herz einer Eiche.
ELEKTRA : Wie du dich verändert hast: Deine Augen leuchten nicht
mehr, sie sind glanzlos und finster. Schade! Du warst so sanft,
Philebos. Und jetzt sprichst du mit mir, wie der andere im
Traum mit mir sprach.
OREST : Hör zu, all diese Leute, die umgeben von ihren teuren
Abgeschiedenen in finsteren Zimmern schlottern, denk dir, daß
ich all ihre Verbrechen auf mich nehme. Denk dir, daß ich den
Namen «Reuedieb» verdienen will und daß ich ihre Buße in
mich aufnehme: die der Frau, die ihren Mann betrog, die des
Kaufmanns, der seine Mutter sterben ließ, die des Wucherers, der
seine Schuldner bis zum Tod ausquetschte. Sag, an jenem Tag, da
ich von noch mehr Gewissensbissen heimgesucht sein werde, als
es Fliegen in der Stadt gibt, von allen Gewis sensbissen der Stadt,
hätte ich dann nicht das Bürgerrecht bei euch erworben ? Wäre ich
dann nicht zu Hause in euren blutigen Mauern, so wie der Metzger
mit seiner roten Schürze in seinem Laden zu Hause ist, zwischen
den blutenden Rindern, die er häuten will?
ELEKTRA : Du willst für uns büßen ?
OREST : Büßen? Ich habe gesagt, daß ich eure Reue in mich aufnehme,
aber ich habe nicht gesagt, was ich mit diesem kreischenden
Geflügel machen werde: Vielleicht ihm den Hals umdrehen.
ELEKTRA : Und wie willst du dich mit all unseren Übeln belasten?
OREST : Ihr wollt sie doch nur abschütteln. Allein der König und die
Königin halten sie gewaltsam in euren Herzen fest.
ELEKTRA : Der König und die Königin... Philebos!
OREST : Die Götter sind meine Zeugen, daß ich nicht ihr Blut
vergießen wollte. Lange Pause.
ELEKTRA : Du bist zu jung, zu schwach...
OREST : Schreckst du jetzt zurück ? Versteck mich im Palast, führ mich
heute abend zum königlichen Lager, und du wirst sehen, ob ich
zu schwach bin!
ELEKTRA: Orest!
OREST : Elektra! Du hast mich zum erstenmal Orest genannt.
ELEKTRA: Ja. Du bist es. Du bist Orest. Ich erkenne dich nicht, denn
so habe ich dich nicht erwartet. Aber dieser bittere Geschmack
in meinem Mund, dieser Fiebergeschmack, tausendmal habe
ich ihn in meinen Träumen gehabt, und ich erkenne ihn wieder.
Du bist also gekommen, Orest, und deine Entscheidung ist
gefallen, und nun stehe ich wie in meinen Träumen an der
Schwelle einer nicht wiedergutzumachenden Tat, und ich
habe Angst - wie im Traum. Oh, lang erwarteter und gefürch-
teter Moment! Jetzt werden die Augenblicke ineinandergreifen
wie die Räder einer Maschine, und wir werden keine Ruhe
mehr haben, bis sie beide auf dem Rücken liegen, mit
Gesichtern wie zerquetschte Maulbeeren. All dieses Blut! Und
du wirst es vergießen, du, der du so sanfte Augen hattest. Oh,
niemals werde ich diese Sanftheit wiedersehen, niemals werde ich
Philebos wiedersehen. Orest, du bist mein älterer Bruder und
das Haupt unserer Familie, nimm mich in deine Arme,
beschütze mich, denn wir gehen großem Leid entgegen! Orest
nimmt sie in die Arme. Jupiter kommt aus seinem Versteck und
schleicht sich davon.
Vorhang
Zweites Bild
Im Palast, Thronsaal. Eine schreckliche, blutige Jupiterstatue.
Abend.
ERSTE SZENE
Elektra tritt als erste auf und winkt Orest herbei.
OREST : Sie kommen! Er nimmt sein Schwert in die Hand.
ELEKTRA : Das sind Soldaten, die ihre Runde machen. Folge mir,
wir werden uns hier verstecken. [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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