[ Pobierz całość w formacie PDF ]
dem Absatz um und ließ sie allein.
Langsam stand sie auf. Sie merkte, dass sie zitterte. Von dem
Sturz war ihr Körper wie zerschlagen, und erste blaue Flecke
zeigten sich überall. Aber wenigstens konnte sie ohne Schmerzen
auftreten.
Die Reisetasche enthielt nicht alles, was sie mitgebracht hatte,
doch sie fand Kleidung, Unterwäsche und ihre Kosmetikartikel.
Selbst ihre Uhr war da, allerdings fehlten Pass, Diktiergerät und
Portemonnaie.
Was hat diesen Sinneswandel bei meinem Entführer bewirkt?
überlegte sie, während sie sich eilig anzog. Denn so musste sie ihn
ab jetzt betrachten. Er hatte ihr Unrecht angetan, das durfte sie für
keine Sekunde vergessen!
Energisch schloss sie den Reißverschluss ihrer schwarzen Shorts,
dann zog sie ein geblümtes T-Shirt an. Sie hatte gedacht, dass sie
sich in ihrer eigenen Kleidung weniger verletzlich fühlen würde,
aber das war ein Irrtum gewesen. Erst in London würde sie sich
wieder sicher fühlen. Und vielleicht nicht einmal dann.
Sie musste ihren ganzen Mut zusammennehmen, um zu dem
Jeep und den wartenden Männern zu gehen, aber die beiden küm-
merten sich mehr um die dicken Wolken am Himmel als um Mad-
dies Unsicherheit. Camillo nickte ihr höflich zu, dann nahm er ihr
die Reisetasche ab und öffnete für sie die hintere Tür.
Andrea setzte sich auf den Beifahrersitz. Fahren wir! , sagte er
knapp.
Schnell wurde ihr klar, dass sie die Fahrt in ihrem ganzen Leben
nicht noch einmal wiederholen wollte. Der Conte hatte nicht über-
trieben. Die Straße war kaum befahrbar. Sie war mit tiefen
89/160
Schlaglöchern übersät und an manchen Stellen kaum breit genug
für den Jeep. An einer Seite fiel sie so steil ab, dass Maddie ein selt-
sames Gefühl in der Magengegend verspürte. Sie wünschte, sie
hätte nicht hinuntergeschaut. Nervös verkrampfte sie die Hände im
Schoß.
Am liebsten hätte sie die Augen zugemacht, aber das hätte man
vielleicht als Zeichen der Schwäche werten können. Darum hielt sie
den Blick fest auf Andreas Hinterkopf gerichtet. Unwillkürlich erin-
nerte sie sich daran, wie dick und seidig sich sein Haar angefühlt
hatte. Tief in ihrem Bauch stieg wilde Lust auf.
Hastig verdrängte sie das Gefühl. Diese erschreckende
Leidenschaft war gefährlicher als die Straße. Sie lehnte sich in die
Polster zurück und schloss fest die Augen. Schließlich bog der Wa-
gen mit einem Ruck um eine Kurve, und das Rumpeln und
Schaukeln hörte abrupt auf.
Maddie öffnete die Augen und sah, dass sie jetzt auf einer halb-
wegs anständigen Straße fuhren. Sie presste die Lippen zusammen
und starrte aus dem Fenster, doch sie schaffte es nicht, sich auf die
atemberaubende Aussicht zu konzentrieren.
Als ein Blitz über den dunklen Himmel zuckte, fuhr sie zusam-
men. Fast augenblicklich folgte ein ohrenbetäubendes Donnergrol-
len. Im selben Moment klatschten schwere Regentropfen auf die
Windschutzscheibe. Der Sturm hatte sie erreicht.
Sie hätte nie gedacht, dass sie so froh sein würde, das Haus
wiederzusehen, aber nach zwanzig Minuten Fahrt durch das
tosende Unwetter, halb taub vom Donner und geblendet von zahl-
losen grellen Blitzen, kam ihr die Casa Lupo wie eine schützende
Burg vor.
Am Eingang wartete Eustacio schon mit einem riesigen schwar-
zen Regenschirm. Als der Jeep hielt, sprang er vorwärts und
geleitete Maddie sicher ins Haus, während er sie mit einem Schwall
italienischer Worte begrüßte.
90/160
Er ist froh, dass es dir gut geht , erklärte der Conte trocken und
folgte ihr in die riesige Halle.
Oh. Maddie zwang sich zu einem Lächeln. Grazie, Eustacio.
Er sagt auch, dass Alfredo deine Hand küsst.
Sollte ich wissen, wer Alfredo ist oder warum er so etwas tun
möchte?
Er ist Jolandas Vater. Sie ist zu Hause, bis es ihr wieder besser
geht. In den Augen ihrer Eltern bist du eine Heldin, Maddalena.
Sie errötete. Wohl kaum.
Vielleicht nicht, aber lassen wir ihnen die Illusion, cara mia.
Jetzt kam Luisa auf sie zu und nahm Maddies Reisetasche.
Sie wird dich in dein neues Quartier bringen , erklärte der
Conte.
Was ist es diesmal? Ein unterirdisches Verließ? Sie streckte
ihre Arme aus. Willst du mir keine Handschellen anlegen?
Das ist ein sehr anregender Vorschlag. Wir können später
genauer darüber reden , erwiderte er zweideutig.
Die Röte in ihren Wangen vertiefte sich. Ich möchte nur über
eine Sache mit Ihnen reden, Conte Valieri , zischte sie, und das ist
die Abflugszeit meiner Maschine nach London.
Mit so viel Würde wie möglich folgte sie Luisa die breite Treppe
hinauf. Sie wusste, dass er jeden ihrer Schritte beobachtete, aber
um keinen Preis durfte sie zurückblicken.
10. KAPITEL
Maddie folgte Luisa durch die breite Galerie. Ihre Knie zitterten.
Nur vor Wut! versicherte sie sich. Denn er war nicht
unwiderstehlich.
Das durfte sie nie vergessen. Sie musste jeden gefährlichen
Gedanken, jede Erinnerung an seine Hände und Lippen auf ihrem
Körper verdrängen. Sie holte tief Luft und ballte die Hände in den
Hosentaschen zu Fäusten.
Ja, sie war dumm gewesen, sie hatte heute Morgen einen Fehler
begangen sogar einen unverzeihlichen Fehler. Aber sie würde sich
ganz bestimmt nicht so blamieren, diesen Fehler noch einmal zu
machen! Und sie musste endlich aufhören, sich deswegen Vorwürfe
zu machen.
Auf ihn sollte sie wütend sein, nicht auf sich selbst! Von jetzt an
konnte er seine anzüglichen Bemerkungen für sich behalten, genau
wie das Lächeln in seinen goldenen Augen, seine Geliebte in Viareg-
gio und alle anderen Flittchen, mit denen er sich sonst noch
amüsierte. Offensichtlich konnte er ja nicht einmal für vierund-
zwanzig Stunden treu sein.
Ihre Bemerkung über das unterirdische Verließ hatte sie zwar
nicht ernst gemeint, aber nach ihrem Fluchtversuch rechnete sie
doch mit einem sehr abgelegenen, ausbruchsicheren Raum. Sie fol-
gte Luisa in einen breiten Korridor. Am Ende des Flurs konnte
Maddie eine große Doppeltür sehen. Erfolglos versuchte sie sich zu
[ Pobierz całość w formacie PDF ]